WERKSTATTVERFAHREN

ÖFFENTLICHE BETEILIGUNG

Das gesamte Projekt ist eingebettet in einen Beteiligungsprozess, der seinen Auftakt im September 2015 mit einer Infoveranstaltung zur ersten Projektidee nahm und die Quartiersbeiräte Karolinenviertel und Wohlwillstraße einbezog (siehe Chronologie). Die Ergebnisse des Wettbewerbs wurden dem Stadtteil in Form einer Ausstellung Anfang 2018 präsentiert. Die Anhandgabe des Baugrundstücks, das von der Stadt für 60 Jahre in Erbpacht zur Verfügung gestellt wird, ist im Oktober 2018 erfolgt.

DAS VERFAHREN

Von der Baugemeinschaft wurden 2017 fünf Architekturbüros zu einem städtebaulich­-hochbaulichem Werkstattverfahren eingeladen. Eine öffentliche Ausstellung aller eingereichten Entwürfe fand im Januar 2018 im Schulmuseum in der Seilerstraße statt.

Das Feedback der Besucher und Besucherinnen wurde zusammengefasst und auf der Jurysitzung Ende Januar 2018 vorgetragen. Zum Sieger des Werkstattverfahrens wurde der Entwurf von coido architects gekürt.

BÜROHAUS MIT EIGENARTEN

Das Architekturbüro coido architects  das seit elf Jahren in Hamburg aktiv ist und seinen Sitz in St. Pauli hat, konnte sich mit seinem Entwurf für den Neubau im Wettbewerbsverfahren durchsetzen.

Sven Ove Cordsen, Partner bei  coido, erklärt im Interview den Entwurf.

INTERVIEW MIT SVEN OVE CORDSEN

Was ist die Grundidee für dieses Gebäude?

„Die ergibt sich aus verschiedenen Aspekten. Fangen wir mal mit dem Städtebau an. Das ganze Areal mit dem großen Heiligengeistfeld und den solitärhaften Bauten Bunker, Stadion und  Rindermarkthalle ist etwas Besonderes, und unser Entwurf orientiert sich an diesem Areal und nicht an der Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Der Neubau bildet praktisch als Riegel den Abschluss dieses Areals. Das ist die erste Grundidee. Dann haben wir nach einem Bild gesucht und das orientiert sich an dem Rindermarktareal. Inspiriert haben uns die Gebäude des Meatpacking District in New York. Wir wollten ein eher ruppiges, einfaches Haus, auch in der Materialität. Ein repetitives Haus mit einer klaren Struktur, das sich dem Stadtteil offen zuwendet, ohne repräsentativen Anspruch, und das in das Umfeld passt. Entstanden ist auf diese Weise ein Fassadenbild, das eher untypisch für Bürogebäude in Hamburg ist. Gerade dieses große Liegende ist ungewöhnlich, aber das gibt dem Haus, dessen Grundduktus Wiederholung und Ruhe ist, einen klaren Charakter.

Wenn man sich dem Haus nähert, enthält diese vermeintliche Gleichförmigkeit jedoch ein paar Details: Stützen, die sich nach oben hin verjüngen, Fensterhöhen, die nach oben hin zunehmen. Das Haus wird nach oben hin ein bisschen leichter. Die Geschosshöhen sind überall gleich, nur die Proportionen von Ziegel, rotem Beton und Fensterflächen zueinander verändern sich. Mit der Ziegelfassade stellen wir den optischen Bezug an dieser Ecke zur Rindermarkthalle und zur Rinderschlachthalle her und ordnen das Gebäude noch einmal deutlich diesem Gebäudeensemble zu, sozusagen als neue Interpretation des Themas mit einem helleren Ziegel. Auch der rote Beton, der zu sehen ist, ist ein eigenes Material, das die Rindermarkthalle nicht hat.“

Hier bauen vier Bauherren für die eigene Nutzung. Woran erkennt man das im Entwurf?

„Das ist sehr präsent. In der Vorplanung ging es um das Thema Flächensynergien in dem Gebäudeteil, in dem sich die Räume von ARGUS, steg und HAMBURG TEAM befinden. Zur Zwischenpräsentation haben wir vorgeschlagen, dass man diese Synergiebereiche – die vorher angedacht waren im letzten Geschoss, zusammen mit Besprechungsraum, Bar und Dachterrasse  und im Erdgeschoss mit Café und Foyer – vertikal auf die Geschosse verteilt, jeder Mieter also einen  Teil seiner Fläche hierfür zur Verfügung stellt. Auf diese Weise entstanden vertikal übereinanderliegende Foyers, und diese waren  zunächst komplett von unten nach oben miteinander verbunden, durch alle Flächen von steg, ARGUS und HAMBURG TEAM hindurch.

Bei Pahnke werden alle Geschosse durch innen liegende Treppen miteinander verbunden und in diesem Bereich besondere Räumlichkeiten abgebildet. Diese vertikale Durchlässigkeit in beiden Nutzerbereichen ermöglicht den Zusammenschluss zu einem »Loop«, wie wir es genannt haben, durch das gesamte Haus. Denn oben, im letzten Stockwerk, wo auch die jeweiligen Kantinenbereiche der Nutzer liegen, wird über die gemeinschaftliche Nutzung der Dachterrasse eine Verbindung beider Gebäudeteile hergestellt. Im Erdgeschoss wiederum ermöglicht dies das Café, von dem aus man direkten Zugang in beide Eingangsbereiche nach links und nach rechts hat. Nach außen hin zeigt sich dies in der Fassade dadurch, dass sich an den Stellen der vertikalen Foyers deutlich  größere Fensterflächen befinden, sich das Gebäude hier mehr dem Stadtteil öffnet.“

Was hat die Arbeit an diesem Entwurf besonders gemacht?

„Das ist letztlich genau diese Programmierung. Es sollten eben nicht einfach 11.000 m2 Bürofläche erstellt werden, sondern ganz spezifische Räume für Nutzer, die ja bereits  feststanden. So konnten wir eine individuelle Arbeitswelt entwickeln, die gleichzeitig aber auch andere Vermietungsszenarien  abbilden könnte. Das Bild und die innere Organisation des Gebäudes zu entwickeln hat uns sehr viel Freude gemacht. Und die Vorstellung, dass die Autowerkstatt später  genau an der Stelle wieder ihre Pforten öffnet, wo sie bereits vorher jahrelang stand – nur dann  hinter einer Glasfassade –, das finde ich faszinierend.“

WEITERE WETTBEWERBSBEITRÄGE

Biwermau Architekten BDA, Hamburg

blauraum Architekten GmbH, Hamburg

DFZ Architekten GmbH, Hamburg

André Poitiers Architekt Stadtplaner RIBA, Hamburg